Integration mit Nadel und Faden, oder ein Nähkästchen zum Plaudern
Afghanin hat in DRK-Flüchtlingsunterkunft eine Nähstube eröffnet. Die Afghanin Parwin Arifi hat in der DRK-Gemeinschaftsunterkunft Bad Homburg am Niederstedter Weg für Geflüchtete aus der Unterkunft eine Nähstube eingerichtet, in der sie für ihre Mitbewohner kostenlos Kleidung ändert und flickt. Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Katrin Hechler hat sie in ihrem neuen Reich besucht und nennt die ehrenamtliche Initiative begeistert „ein Stück gelebte Integration“.
Im Hochtaunuskreis in Gemeinschaftsunterkünften lebende Geflüchtete haben die Möglichkeit gut erhaltene Kleidung für sich und ihre Familien unter anderem in den vom DRK-Kreisverband betriebenen Kleidershops, aber auch bei anderen Stellen, für kleines Geld zu beziehen. Diese Kleidung passt nicht immer, was oft den Besuch beim Änderungsschneider nötig macht und auch Geld kostet, der arbeitet schließlich nicht kostenlos. Kostenlos arbeitet dagegen seit kurzem Parwin Arifi. Sie ist mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen aus Afghanistan über Pakistan nach Deutschland gekommen und lebt seit März in der vom DRK-Kreisverband betriebenen Gemeinschaftsunterkunft Bad Homburg am Niederstedter Weg. Parwin Arifi hat das Schneiderhandwerk gelernt und in der Unterkunft jetzt eine Nähstube eröffnet. Dort lässt sie Säume aus zu kurzen Hosen und Jackenärmeln heraus, oder kürzt sie bis sie passen. Sie näht Knöpfe an und setzt Abnäher, wenn Jacke und Hose zu weit sein sollten, oder näht Flicken auf. Einrichtungsleiter Johannes Pegler war begeistert, als die in der Unterkunft allseits beliebte Frau auf ihn zukam und ihn fragte, ob sie eine Nähstube eröffnen kann. „Tolle Idee, wir haben sie gleich umgesetzt und ihr das schönste Zimmer im ganzen Haus, unser Frauenzimmer, gegeben“, erzählt Pegler bei einem Besuch von Kreissozialdezernentin Katrin Hechler in der Gemeinschaftsunterkunft. Hechler hatte von der Initiative erfahren und wollte sich selbst ein Bild davon machen. Eine Nähmaschine gab es bereits, andere Handarbeitsutensilien mussten beschafft worden. Zum Einzug gab es ein gutgefülltes „Nähkästchen“ als Geschenk.
Das Zimmer im Erdgeschoss von Haus 2 diente bisher als „Frauenzimmer“ und war auch nur Frauen zugänglich. Nun befindet sich darin auch noch die Nähstube, die Funktion des „Frauenzimmers“ bleibt also erhalten. „Hier können sich die Frauen ohne ihre Männer verabreden, Tee trinken und Parwin Arifi zuschauen, wie sie arbeitet oder auch warten, bis die Hose fertig ist, das schafft Kommunikation“, freut sich Pegler, der Parwin Arifi die Schlüssel zu dem Raum übergeben hat. Sie organisiere das selbst und vereinbare mit den Frauen auch Termine, „bis-her funktioniert das ganz prima“, sagte er. Auf die im übrigen kostenlosen Dienste von Parwin Arifi können nur Bewohner der Unterkunft zurückgreifen, nach Vereinbarung und wenn es nicht überhand nimmt, aber auch Bewohner anderer vom DRK betriebener Unterkünfte.
Kreisbeigeordnete Katrin Hechler teilte Peglers Begeisterung: „Parwin Arifi ist eine beeindruckende Frau, die sich mit ihrer Initiative für die ihrer Familie gewährte Gastfreundschaft und Geborgenheit in dieser tollen Unterkunft revanchieren möchte, phantastisch, so soll Integration sein“, sagte Hechler, die mit Interesse erfuhr, dass es in der Unterkunft auch schon eine Fahr-radwerkstatt gibt. Die Nähstube stelle da ein weiteres Angebot für die Bewohner dar.
Hechler war bei ihrem Besuch von Sebastian Fischer, dem stellvertretenden DRK-Kreisgeschäftsführer und Leiter Soziale Dienste, begleitet worden. Fischer begrüßte die Initiative von Parwin Arifi und Einrichtungsleiter Johannes Pegler ausdrücklich und nannte es bemerkenswert, dass sich Bewohner selbst auch ehrenamtlich einbringen. Solche Angebote sei-en leider lange durch die Pandemie unmöglich gemacht worden. Jetzt könne man sich aber wieder treffen und jetzt sei auch wieder die Zeit, die Einrichtungen für ehrenamtliche Angebote, die nicht zuletzt auch der Integration der Bewohner und ihrer Einbindung in die Gesellschaft dienen, zu öffnen sagte Fischer, der sich auch ehrenamtlich geleistete „Hilfe von außen“ als Hilfestellung beim Stellen von SGBII-Anträgen, aber auch bei der Wohnungssuche, bei der Hausaufgabenhilfe oder beim Spracherwerb gut vorstellen kann.
BU:
Johannes Pegler, Sebastian Fischer, Parwin Arifi, Katrin Hechler und Anna Gutwein (v.l.) freuen sich über die Eröffnung der Nähstube in der Gemeinschaftsunterkunft Bad Homburg